SENIOREN Im Burgenlandkreis fehlen laut einem Institut aus Hannover Wohnungen für alte Menschen. Vermisst werden zudem Wohnformen für Körperbehinderte.
VON KLAUS-DIETER KUNICK
WEISSENFELS/MZ - Schlechte Aussichten für Rentner: Im Landkreis werden in den kommenden Jahren rund 7 760 altengerechte Wohnungen fehlen. Das geht aus der aktuellen Studie "Wohnen 65plus" hervor, die das Regionaldaten-Institut Pestel feststellte. Die Wissenschaftler aus Hannover geben darin erstmals auf der Grundlage der neuen Zensus-Zahlen eine Prognose für die Bevölkerungsentwicklung ab. Demnach werden im Burgenlandkreis im Jahr 2035 rund 60 000 Menschen älter als 65 Jahre sein - 23 Prozent mehr als heute.
Diese Zahl 7 760 des Instituts kenne er nicht, so der Dezernent der Kreisverwaltung Ralf Michel. Zudem sei das Thema Sache der Kommunen. "Das sehe ich nicht so", erwidert kopfschüttelnd der Leiter des Instituts Matthias Günther. Das sei eine gesamtgesellschaftliche Forderung, sich dafür verantwortlich zu fühlen. "Dass wir mehr altengerechte Wohnungen brauchen, das würde ich sofort unterschreiben", ist von einem nicht genannt sein wollenden verantwortlichen Mitarbeiter einer Naumburger Wohnungsgesellschaft zu hören.
Die Nachfrage sei da, vor allem im unteren Etagenbereich würden solche Wohnungen gesucht. Einen Wohnblock neu zu bauen, sei finanziell nicht leistbar. Anders scheint es in Weißenfels auszusehen. Kathleen Schechowiak, Geschäftsführerin der Wohnungsbau Wohnungsverwaltung Weißenfels GmbH (WVW), kann die Diskussion nicht verstehen: "Wir bieten jede Menge altengerechte Wohnungen an, und die sind bezahlbar", sagt sie. Gut 100 davon könne sie derzeit anbieten. Die Nachfrage sei aber nicht da.
"In diesem Land findet kein sozialer Wohnungsbau statt."
Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts
Doch das Thema ist weitläufig und hat viele Facetten. Eine spricht Gunar Möller von der Regionalgruppe Weißenfels des Behindertenverbandes an. "Altersgerechte Wohnungen fehlen." Der Bedarf werde laut demografischer Entwicklung steigen, da sei er sicher. Und: "Wir vermissen Wohnformen für körperbehinderte Menschen." Etliche von ihnen würden in Pflegeheimen untergebracht, wo sie aber definitiv nicht hingehören, schon aus Altersgründen nicht.
Ob im Landkreis so viele Wohnungen fehlen, wisse er nicht, so Karsten Bacza, Vorstandsvorsitzender der Wohnungsgenossenschaft "1. Mai" in Zeitz. Bestätigen könne er hingegen, dass einmal sanierte Wohnungen in der Regel sofort vermietet würden. Von den 108 altengerechten Wohnungen seien bis auf eine alle vermietet. Wie das Institut aus Hannover auf die 7 760 fehlenden Wohnungen komme, kann Günther schnell erklären. Die stamme vom Bundesbauministerium in Berlin, dort würden die bundesweit fehlenden altengerechten Wohnungen erfasst. Diese Zahl habe man durch die Anzahl der Landkreise dividiert.
Günther: "Es geht uns nicht um die Zahl. Es ist uns wichtig, darauf hinzuweisen, dass bezahlbare, altengerechte Wohnungen insgesamt fehlen." Aber, schränkt er ein: "In diesem Land findet kein sozialer Wohnungsbau statt", bis auf wenige Ausnahmen in Bayern, Harnburg und in Nordrhein-Westfalen.
Sanierte Wohnungen seien jedoch nicht zum Nulltarif zu haben. Er nennt das zentrale Thema: Die Gruppe der Menschen, die von ihrer Rente nicht mehr leben können und Grundsicherung erhalten, nehme dramatisch zu. Und wenn diese Menschen alt und gebrechlich seien und in ihren Wohnungen bleiben möchten, können sie das nicht, weil ihr Wohnraum baulich nicht hergerichtet sei. Ergo: Ab ins Pflegeheim. Das sei zwar der Regierung bekannt, aber es passiere nichts. Günther dazu: "Sozialer Wohnungsbau steht in Berlin ganz unten auf der Liste."
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